Welche Emotionen löst der Begriff Digitalisierung bei Ihnen aus? Vermutlich ist die Antwort davon abhängig, welche generelle Einstellung Sie zu Technologie haben, welche Erfahrungen Sie bisher im beruflichen und im privaten Umfeld mit der Digitalisierung gemacht haben und möglicherweise auch davon, wie alt Sie sind.
Der Privatmensch
Im Privatleben wie auch im Büroalltag wissen wir die die Annehmlichkeiten zu schätzen, die für uns seit dem Aufkommen von PCs in den 70er Jahren ganz selbstverständlich geworden sind. Alles was dazu dient unsere Arbeit und unseren Alltag zu erleichtern, nehmen wir dankend in Anspruch. Ein gewisses Unbehagen darüber, in welcher Geschwindigkeit sich die Welt im Bereich der IT ändert ist mancherorts zu vernehmen. Besorgnis wird von der einen oder anderen Schlagzeile ausgelöst, wenn wieder einmal von schwerwiegenden Virenattacken, vom Auftauchen persönlicher, vertraulicher Daten in der Öffentlichkeit oder über andere Horrorszenarien berichtet wird.
Die Gesellschaft
Auch als Gesellschaft insgesamt nehmen wir die Veränderungen wahr, die mit der Digitalisierung einhergehen. So ist z.B. eine Generation herangewachsen, die auf eine völlig andere Art kommuniziert und mit ihrem Umfeld in Kontakt bleibt, als das ihre Eltern taten. Aber auch die Elterngeneration selbst hat sich dem digitalen Wandel dahin gehend nicht versperrt und seine Verhaltensweisen verändert. Online Informationen beschaffen, online einkaufen, Reisen planen und buchen, Bankgeschäfte abwickeln – Vieles was früher viel Zeit und Mühe gekostet hat, lässt sich heute schnell und einfach im Web erledigen. Eine gesamte Gesellschaft wird zunehmend immer digitaler.
Die Politik
Nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen und vor den anstehenden Bundestagswahlen wird die Frage, welchen Einfluss die Digitalisierung auf die Politik hat, reger diskutiert denn je. Fake News sind ja grundsätzlich nichts Neues, aber in Sozialen Netzen verbreitet, lassen sie sich kaum noch von echten Fakten unterscheiden. Und ihr politischer Einfluss ist wohl kaum noch zu leugnen, auch wenn Mark Zuckerberg das massiv bestreitet. Seit dem Aufkommen von Social Bots und Social Propaganda ist die Frage, ob Maschinen Meinungen vorgeben können und eine breite Masse beeinflussen, ohne dass diese es merkt, wohl weitgehend beantwortet.
Filterblasen entstehen dadurch, dass Webseiten durch Anwendung von Algorithmen voraussagen, welche Informationen ein Benutzer vermutlich auffinden möchte und ihm nur genau diese Informationen anzeigen. Das führt dazu, dass ihm Informationen vorenthalten werden, die dem Standpunkt des Anwenders nicht entsprechen. Und Menschen neigen nun einmal dazu, das, was nicht im direkten Umfeld aufzufinden ist, als weniger wichtig zu betrachten. Aus den Augen – aus dem Sinn! Durch Filterblasen – womöglich noch verstärkt durch Social Media – wird die Pluralität der Meinungen im eigenen Umfeld reduziert. Das führt zu Polarisierung. Und das nicht nur in der politischen Welt.
Die (Bau-)Unternehmen
Nicht nur das Individuum, die Gesellschaft als Ganzes und die Politik, sind mit Herausforderungen aufgrund der Digitalisierung konfrontiert, sondern vor allem auch die Unternehmungen. Was in der Baubranche vermutlich eher seltener vorkommt als in anderen Branchen, ist, dass junge Startup-Unternehmen den Alteingesessenen den Rang ablaufen und dass dadurch etablierte Unternehmen plötzlich in Zugzwang geraten.
Nichtsdestotrotz müssen auch Bauunternehmen die Digitale Transformation starten, falls noch nicht geschehen. Die Liste der Innovationen ist lang – mit Themen wie „Bauen 4.0“, BIM, Baustellen-Apps, Dokumentenmanagement, Telematik-Lösungen, GPS-Geräteortung, RFID-Chips auf Werkzeugen, Software aus der Cloud, Plattformen auf denen alle am Bauen Beteiligten interagieren. Innovationen, die die Baubranche gerade erst eingeführt hat – oder in denen sie gerade mitten drin steckt – oder Innovationen, die die Branche in den nächsten Monaten und Jahren nachhaltig verändern werden.
Gerade die Digitalisierung von Bauprojekten stellt eine Entwicklung dar, die der Baubranche vor allem Wettbewerbsvorteile und Qualitätsverbesserungen, sowie höhere Termin-, Kosten- und Planungssicherheit bescheren wird. Die Digitalisierung geht auch immer mit einer Optimierung von betrieblichen Prozessabläufen und Geschäftsmodellen einher. Erst so entfalten sich die Möglichkeiten richtig und die Potenziale können ausgeschöpft werden. Dennoch muss bedacht werden, dass die reine Digitalisierung allein nicht ausreicht, um ein Projekt steuern und erfolgreich abschließen zu können. Alle Beteiligten müssen die komplexen und verzahnten Vorgänge verstehen sowie Daten entsprechend liefern und interpretieren, um Übersicht und Kontrolle zu erhalten.
Im Vergleich zu anderen Industrien schreitet die Digitalisierung der Baubranche in Deutschland noch immer nur langsam voran. Aber es gibt keine Alternative zur Digitalisierung des Bauwesens. Die Branche muss und wird aufholen. Mit dem Satz: „das haben wir schon immer so gemacht!“ wird man nun endgültig nicht mehr weit kommen, falls man das überhaupt jemals tat.
Der Mensch im digitalen Zeitalter
Leicht ist zu erkennen: egal ob als Privatperson, als Teil der Gesellschaft, als Mitglied der politischen Gemeinde, oder als Mitarbeiter einer Unternehmung: die Digitalisierung wirkt sich unmittelbar auf jeden von uns aus.
Jeder ist zunächst einmal für sich selbst verantwortlich. Verantwortlich z.B. dafür, in welchem Maße er die Annehmlichkeiten und Vorteile der digitalen Welt gegen den Verlust von Privatsphäre eintauscht. Denn nichts anderes tut er, wenn er persönliche Daten Google, Facebook – oder wem auch immer – anvertraut. Jeder einzelne muss sich absolut klar darüber werden sein, wie und in welchem Umfang er sich durch Soziale Medien, Suchmaschinen, etc. beeinflussen lässt.
Natürlich ist auch der Staat gefordert, z.B. mit einer Bildungspolitik, die Kinder und Jugendliche zu mündigen und kundigen Internetnutzern macht. Oder durch eine Gesetzgebung, die die Digitalisierung unterstützt und gleichzeitig in die notwendigen Schranken weist. Aber genauso wichtig ist es für jeden Einzelnen, sich Gedanken zu machen, wie man mit dem technischen Fortschritt Schritt halten kann und wie man sich grundsätzlich zu den sich verändernden Anforderungen positioniert.
Die Angst, die Digitalisierung sei ein Jobkiller, ist nachvollziehbar aber sie sollte niemanden zu stark belasten. Extrem günstig wird sich die Bereitschaft auswirken, neuen Technologien und Arbeitsbedingungen offen entgegenzutreten, sich selbst stetig weiterzubilden, besonders aber auch die Bereitschaft, die eigenen digitalen Fähigkeiten permanent weiterzuentwickeln.
Außerdem können wir auch von den zahlreichen Möglichkeiten profitieren, durch Digitalisierung die Arbeitswelt angenehmer zu gestalten. Die Entlastung von stupiden, sich wiederholenden Arbeiten ist ein Beispiel dafür, ein anderes sind Tele- oder Homeoffice-Arbeitsplätze, die durch moderne IT-Infrastrukturen kein Problem mehr darstellen und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutliche Vorteile bringen.
Nichts ist beständiger als der Wandel. Wer das verinnerlicht kann die Digitalisierung also durchaus auch als persönliche Chance begreifen.