… durch Digitalisierung der Baubranche
Im Bauwesen kommt man seit geraumer Zeit um den Begriff „BIM“ nicht herum. BIM steht für Building Information Modeling und beschreibt eine Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Bauwerken mit Hilfe von Software. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. (→ Wikipedia). Mitunter wird BIM als Synonym für die Digitalisierung im Bauwesen verwendet. Das trifft den Nagel aber nicht auf den Kopf, sondern deutlich daneben, denn neben BIM bietet die Digitalisierung der Bauwirtschaft zahlreiche weitere Handlungsfelder.
Man könnte diese Handlungsfelder so strukturieren, wie es die Studie „Digitalisierungsindex – Der digitale Status quo im deutschen Baugewerbe“ der Deutschen Telekom zusammen mit techconsult tut, nämlich in
- Beziehung zum Kunden
- Produktivität im Unternehmen
- Digitale Angebote und Geschäftsmodelle
- IT-, Informationssicherheit und Datenschutz
Widmen wir uns dem 2. Handlungsfeld „Produktivität im Unternehmen“ mit der Frage „ Welche Möglichkeiten der Effizienzsteigerung bietet die Digitalisierung?“
Möglichkeit 1 – Mobility
Die Studie „Digitalisierungsindex“ zeigt sehr schön, dass aktuell im Baugewerbe vom „mobilen Arbeiten“ ein sehr großes Optimierungspotenzial erwartet wird. Sie bezeichnet das Thema Mobility gar als einen „wichtigen Motor für mehr Produktivität“. Erst 23% der Studienteilnehmer sind zufrieden damit, wie sie ihre Anforderungen an die Mobilität umgesetzt haben. Dem stehen 39% der Befragten gegenüber, die den mobilen Zugriff auf ihre Softwareanwendungen und ihre Daten für hoch relevant halten. Die Vorstellung, dass bereits die Mehrzahl der Bauleiter, Poliere oder gar Bauarbeiter ihre Arbeit auf der Baustelle per Tablet organisieren, entspricht längst noch nicht der aktuellen Baustellenrealität.
Es ist leicht zu erklären, warum gerade das „mobile Arbeiten“ im Bauwesen so von Bedeutung ist. Schließich findet ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung nicht stationär an einem Unternehmensstandort statt, sondern auf Baustellen. Das heißt, dass auch ein wesentlicher Teil der Daten und Informationen dezentral – eben auf den Baustellen – entstehen, so z.B. die angefallenen Arbeits- und Geräteeinsatzzeiten, eingegangene Lieferscheine, Informationen über aufgetretene Störungen, Behinderungen oder Mängel, aber natürlich auch die Dokumentation der Leistungserbringung etwa durch ein Aufmaß. Es liegt auf der Hand, dass sich eine Effizienzsteigerung einerseits dadurch erreichen lässt, dass Daten und Belege nur einmal erfasst werden und zwar am Ort ihrer Entstehung – also auf der Baustelle – und dass diese dann digital ins Büro gelangen, um dort zeitnah, verlustfrei und ohne zusätzlichen Erfassungsaufwand weiter verarbeitet werden können.
Aber nicht nur die „Baustelle“ profitiert von Mobility. Ebenso ist es von großem Vorteil, wenn beispielsweise Zugriff auf die Angebotskalkulation besteht, während man sich in einer Vergabeverhandlung befindet – unabhängig davon, wo diese stattfindet. Und das, ohne vorher das Projekt auf einen Laptop kopieren zu müssen. Das gilt gleichermaßen für sehr viele weitere Softwarebausteine.
Möglichkeit 2 – BIM
Wie oben bereits gesagt, ist BIM nicht mit Digitalisierung gleichzusetzen, seine große Bedeutung in dem Zusammenhang kann jedoch nicht geleugnet werden. Alleine die Tatsache, dass der Stufenplan “Digitales Planen und Bauen” des deutschen Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur eine verbindliche Nutzung von BIM bei öffentlichen Infrastrukturprojekten in Deutschland ab 2020 vorschreibt, macht die hohe Relevanz von BIM sehr deutlich. In der modellbasierten Arbeitsweise steckt ein sehr hohes – wenngleich teilweise noch verkanntes – Potenzial. Wird „big BIM“ konsequent angewendet, werden also bereits in einer frühen Planungsphase alle am Bauen Beteiligten in das digitale Bauwerksmodell eingebunden, lassen sich enorme Kosten einsparen. Die Minimierung von Planungsfehlern und Fehlplanungen, die Verbesserung der Kalkulationsgenauigkeit, Ablaufoptimierung durch Baufortschrittsimulation sind längst nicht alle positiven Aspekte des Einsatzes von BIM. Aber auch schon der Einsatz von „little BIM“, also der BIM-Einsatz als „Insellösung“ innerhalb eines Unternehmens, kann eindeutig Optimierungspotenziale heben.
Möglichkeit 3 – Telematik
Moderne Telematik-Lösungen ermöglichen die GPS-Überwachung von Baumaschinen, Baufahrzeugen und Baugeräten sowie die Zeit- und Datenerfassung auf Baustellen mittels Tablet oder Smartphone. Neben der Ermittlung von GPS-Positionen zur Überprüfung, wo sich ein Fahrzeug oder eine Maschine aktuell befindet, kann abgefragt werden, ob die Zündung eingeschaltet ist, ob die Maschine in Betrieb ist oder wie schnell ein Fahrzeug sich gerade bewegt, wie hoch die Betriebstemperatur ist oder wie es um seine Tankfüllung bestellt ist. Im Bereich von Kleingeräten, Werkzeugen und Baustellenausstattung kommen hingegen NFC- oder RFID-Lösungen in Kombination mit Smartphone/Tablet zum Einsatz.
Diebstahl- und Missbrauchsschutz spielen in dem Zusammenhang mittlerweile fast schon eine untergeordnete Rolle. Vielmehr ergeben sich Produktivitätsvorteile durch die vereinfachte Planung und Durchführung von Wartungen, durch die Integration der Gerätedisposition, durch eine leistungsgerechte Verrechnung der Einsatzzeiten ohne Medienbrüche, durch die Automatisierung der Rechnungsstellung, durch schnelle Reaktion auf Fehler und Schäden an den Maschinen, usw. Aber auch die lokale Optimierung der Geräteauslastung z.B. durch einen automatisch untereinander abgestimmten Bagger-LKW-Betrieb ist ein Thema.
Möglichkeit 4 – Vernetzung, Integration und Workflow
Die Studie „Digitalisierung der Bauwirtschaft“ der Unternehmensberatung Roland Berger hat vier Aspekte der Digitalisierung identifiziert, die auf allen Stufen der Wertschöpfung von Bedeutung sind. Einer dieser „vier Hebel der Digitalen Transformation“ ist die Vernetzung und Synchronisation von bisher voneinander getrennten Aktivitäten.
Besonders in den Bereichen Planung, Logistik und Beschaffung aber auch bei der Bauausführung, lassen sich durch Integration Prozesse signifikant optimieren, beschleunigen und dadurch Kosten einsparen. Hierbei ist sicher nicht zu unterschätzen, dass auch unabhängig von der Digitalisierung Prozesse vereinfacht und vereinheitlicht werden können und sollen. Erst mit der darauf folgenden Digitalisierung und Integration solcher Prozesse wird deren Potenzial voll ausgeschöpft.
Bei der Vernetzung von Abläufen spielen Workflows eine wichtige Rolle. Im Zusammenhang mit Dokumentenmanagementsystemen (DMS) haben bereits viele Bauunternehmen ihre Prozesse automatisiert, so z.B. durch einen Workflow für die Prüfung von Eingangsrechnungen – im Idealfall mit Bezug auf die Daten der Beschaffung. Aber nicht nur der Belegfluss von (gescannten) Dokumenten lässt sich mit Workflows organisieren. Ein Beispiel für eine Prozesskette außerhalb des DMS finden wir im Mängelmanagement. Mit einem automatisierten Prozess lässt sich von der Aufnahme eines Mangels, der Weiterleitung an den Verursacher, die Überwachung der Abarbeitung und der Dokumentation steuern. Bei genauerem Hinsehen eröffnen sich unzählige Anwendungsfälle für Workflows, die zur Effizienzsteigerung beitragen können.
Möglichkeit 5 – Automation in der Bauausführung
Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Baustellenproduktion in gleichem Maße automatisieren lässt wie die Produktion in einer Autofabrik, in der Prozesse in der Tat besser vorhersagbar und klarer strukturierbar sind als auf einer Baustelle. Im Bauwesen sind die Automatisierungspotenziale in der Vorfertigung jedoch nicht zu unterschätzen und so ist eine Verschiebung von der Baustellenproduktion in Richtung Vorfertigung im Zusammenhang mit der Digitalisierung eine absehbare Konsequenz. Baurobotik – vor allem in der Vorfertigung – stellt einen wesentlichen Faktor für Produktivitätssteigerung dar, vor allem auch durch die Vernetzung mit Daten aus dem digitalen Bauwerksmodell (BIM).
Ein weiterer Hoffnungsträger ist der 3D-Drucker. Pioniere im Bereich industrietauglicher 3D-Drucksysteme haben bereits verschiedene Baustoffe entwickelt, die beim 3D-Druck eingesetzt werden können. Sie eröffnen der Baubranche damit eine Reihe neue Potenziale. Experten gehen davon aus, dass der 3D-Druck schon recht bald eine etablierte Technik sein wird.
Möglichkeit 6 – Nachwuchsprobleme lösen
Die Baubranche hat mit dem Nachwuchs zu kämpfen, es wird über Fachkräftemangel in nahezu allen Bereichen geklagt und Bauunternehmer führen dies als ein zentrales Problem für die Entwicklung ihres Unternehmens an. Mit antiquerten IT-Systemen oder gar rein analogem Arbeiten lässt sich die „Generation Y“ nur schwer für Baubranche begeistern. Wer mit dem Smartphone aufgewachsen ist und nichts anderes kennt als die Digitalisierung aller Lebensbereiche, erwartet auch als Angestellter einen mit modernen Systemen ausgestatteten Arbeitsplatz. Solche digitalen Werkzeuge machen jungen Leuten die Entscheidung für einen Job in der Baubranche attraktiver.
Möglichkeit 7 bis n – die Liste ist nicht abschließend
Es gibt eine ganze Reihe von weiteren Digitalisierungs-Trends und –Potenzialen, die die Bauwirtschaft in den nächsten Jahren beschäftigen werden, so z.B. Lean Construction, SmartBuilding, Drohnen, Laserscanner, …. Die Liste mit den sechs oben genannten Möglichkeiten ist also alles andere als abschließend. Die Relevanz der einzelnen Trends ist in den unterschiedlichen Segmenten der Baubranche unterschiedlich zu bewerten und so wird sich auch deren Umsetzungsgeschwindigkeit unterscheiden.
Eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertags besagt, dass 93 Prozent der Baufirmen der grundsätzlichen Aussage zustimmen, dass die Digitalisierung die Gesamtheit ihrer Prozesse beeinflussen wird. Noch hapere es an der Umsetzung, kritisiert die bereits erwähnte Studie „Digitalisierung der Bauwirtschaft“ der Unternehmensberatung Roland Berger. Dem Baugewerbe geht es gut. Vielleicht zu gut, um einen starken Drang zu Veränderung zu verspüren? Erschwerend wirken sich volle Auftragsbücher aus, denn sie tragen dazu bei, dass die Unternehmen glauben, keine Zeit für Visionen zu haben und sich mit der Zukunft zu beschäftigen.
Es ist erkennbar, dass große Unternehmen aufgrund ihrer personellen Ausstattung eher in der Lage sind, ihre Digitalisierung kontinuierlich voranzutreiben. Unabhängig von Betriebsgröße holen sich Unternehmen Berater an ihre Seite, die sie auf ihrem Weg in die Digitale Zukunft begleiten.
Die Leistung der i2nom GmbH erstreckt sich von der Digitalen Standortbestimmung, Beratung, und Unterstützung bei der Softwareauswahl bis hin zur Begleitung bei der Implementierung und zur Optimierung des Betriebs digitaler Lösungen.